HÖLDERLIN.LEBEN2018

Dass die Natur ergänzt das Bild der Zeiten ...
Eine persönliche Reise auf den Spuren des visionären Hölderlins

Hölderlin wählt einen Weg, der seinen transzendenten Erfahrungen und Ahnungen Raum gibt. Mit seinen poetischen wie ganzheitlich betrachtet politischen Texten blieb er weitestgehend unverstanden und fordert uns bis heute auf, unser mytho-logisches Unterscheidungsvermögen zu schärfen und gleichzeitig die Musik der Weisheit, dessen Gefäß er war, zu genießen.
In einer persönlichen Auswahl an Fragmenten seines All umfassenden Werkes zeichnen Hans Kremer und Isabelle Krötsch mit HÖLDERLIN.LEBEN eine Reise in die inneren Gemächer dieser tief ins Sein eingreifenden Dichtungen.

Das Format LAUT.MALEN ermöglicht durch das ineinander schwingen von Wort, Klang und Bild, poetischem Vortrag und reflektierenden Gedankenstrom, eine sinnliche Werkstatt des Denkens. Den polyphonen Tönen Hölderlins folgt das Duo Kremer I Krötsch in erstmaliger Zusammenarbeit mit dem Komponisten Jochen Neurath am Clavichord als nie obsolete Hommage an diesen visionären Dichter, Spaziergänger der Sprache und revolutionären Denker, der mit seiner Arbeitsweise Inspiration für Künstler und Wissenschaftler bis in die heutige Zeit bleibt.

Wort: Hans Kremer
Bild: Isabelle Krötsch
Musik: Jochen Neurath
Ort: Akademie für gesprochenes Wort Stuttgart
Zeit: Freitag, den 8. Juni 2018, 20.00

Photos: Oliver Röckle

Hölderlin - Symposion
Ein Gastmahl

«Es ist fast nicht möglich, unverhüllt die schmutzige Wirklichkeit zu sehen, ohne selbst darüber zu erkranken. [...] was das Allgemeine betrifft, so hab' ich Einen Trost; daß nämlich jede Gärung und Auflösung entweder zur Vernichtung oder zu neuer Organisation notwendig führen muß. Aber Vernichtung gibt's nicht, also muß die Jugend der Welt aus unserer Verwesung wiederkehren. [...] Ich glaube an eine zukünftige Revolution der Gesinnungen und Vorstellungsarten, die alles bisherige schamrot machen wird.»
Brief an Johann Ebel in Paris, 10. Januar 1797

Zu Beginn des vorwiegend materialistischen Zeitalters, in dem die Wissenschaften alles nicht beweisbare in den Bereich der Irrationalität verbannten und die Moderne in Form der Früh-Industrialisierung ihre langen Schatten auf die Welt warf, Irrenanstalten erfunden wurden, um eine Trennlinie zwischen der Norm und der Ver-rückung zu ziehen, das Schulsystem entwickelt wurde, um die künftigen Generationen zu folgsamen und funktionierenden Bürge(r)n der imperialistischen Gesellschaft Mitteleuropas zu machen, kann ein Mensch, der „Eines zu sein mit Allem, was lebt" proklamiert und „Ach! wär ich nie in eure Schulen gegangen. Die Wissenschaft, der ich in den Schacht hinunter folgte, von der ich, jugendlich töricht, die Bestätigung meiner reinen Freude erwartete, die hat mir alles verdorben." - nur anecken.

Das «Parlament des Augenblicks» im Rahmen der Hölderlin Tage wagt als transdisziplinäre Werk- & Begegnungsstätte den Versuch, die Kluften zwischen Wissenschaft, Kunst und Spiritualität durch das Neben- und Miteinander unterschiedlichster Perspektiven zu überbrücken. Essentielle Fragen werden neu gestellt, die Texte Hölderlins unter dem Gesichtspunkt der Ganzheitlichkeit gelesen und in einen interaktiven Austausch der vereinten Künste gestellt. Dieses Symposion gleicht eher einem «Erfahrungsbad» als einer klassischen Aufführung, die Grenzen zwischen Zuschauer und Mitwirkenden sind aufgehoben, man betritt einen Raum für Metamorphosen. Folgende Bereiche kommen hier u.a. zusammen: Germanistik, Medizin, Philosophie, Gesang, Schauspiel, Tanz, Zeichnung, Film, Musik/Komposition. Ein respektvolles Miteinander gewährt ein kreatives Unterbrechen als elementarer Bestandteil dieses Austauschs. Hier entsteht Zusammenleben, Zusammendenken, Zusammenarbeiten.

In einem convivialen Rahmen mit begrenzter Teilnehmerzahl werden Zuschauer und Gäste Gedanken, Brot und Wein teilen. Aus dem interaktiven Austausch entfaltet sich ein Tischgespräch, aus dem Symposium ein Gastmahl, in dem das geistig Getauschte ins gemeinsame „Brot Brechen" gebettet wird.

Mitwirkende:
Harald Bergmann (Filmemacher), Dr. Reinhard Horowski (Arzt/Pharmakologe/Autor), Hans Kremer (Schauspieler), Isabelle Krötch (Künstlerin und Moderatorin), Prof. Angeliak Luz (Sängerin), Dr. Pravu Mazumdar (Philosoph und Autor), Katrin Schafitel (Tänzerin), Stefan Schreiber (Pianist und Dirigent), Prof. dr. Jürgen Wertheimer (Germanist und Moderator)

Das "Parlament des Augenblicks" wurde zum Ort einer Musiktehater Uraufführung vom Komponisten Jochen Neurath, der ein Stück zur "Pythischen Ode III" von Pindar übersetzt von Friedrich Hölderlin komponierte und mit Stefan Schreiber und Angelika Luz für Clavichord, Klavier und Gesant aufführte.

Ort: Akademie für gesprochenes Wort
Zeit: 9. Juni 2018, 16.00

Photos: Oliver Röckle

Eine erste Impression aus dem "Parlament des Augenblicks" an den Hölderlin Tagen der Akademie für gesprochenes Wort Stuttgart
3. - 10. Juni 2018

Ich bin ja schon sehr viel herumgekommen und habe an zahlreichen Veranstaltungen und auch Salons teilgenommen, aber ein solches Festival - Son et Lumière - ein solches Feuerwerk von Kunst und Geist habe ich wahrlich noch nie erlebt, und dafür bin ich sehr dankbar. Als Hirnforscher begeistern mich diese umfassenden und brillanten Synästhesien von gesprochenem und gesungenen Wort, Klaviermusik, Film, ja sogar Psychiatrie, Germanistik, und vor allem auch Malerei und Tanz – ich bin mir recht sicher, dass Hölderlin daran viel Freude gehabt hätte.

Dr. med. Reinhard Horowski, Chief Medical Officer
Facharzt für Pharmakologie und Autor der Streitschrift "Hölderlin war nicht verrückt" im Klöpfer & Meyer Verlag Tübingen, 2017